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Was ist Wokefishing?
Alles rund um die Dating-Taktik
Was so obskur klingt, ist in Wirklichkeit weit verbreitet. Und deutlich mieser, als viele wahrhaben wollen. Was es mit dem Wokefishing auf sich hat, wie du es entlarvst und warum es überhaupt betrieben wird, erfährst du hier.
Was macht Wokefishing aus?
Catfishing ist nicht nur weit verbreitet, sondern auch weithin bekannt. Die etwas mildere Form Kittenfishing wird deutlich häufiger angewendet. Von dem Namen dieser Taktik hat jedoch kaum jemand etwas gehört. Ähnlich verhält es sich mit dem Wokefishing.
Bei dieser Masche lügen Menschen anderen vor, sie seien toleranter, woker und interessierter an Veränderung, als sie eigentlich sind. Sie regen sich beispielsweise über Sexismus und Rassismus auf, obwohl sie darin eigentlich keine Probleme sehen.
Mit anderen Worten: Sie gaukeln Werte vor, die sie nicht haben.
Wer betreibt Wokefishing und warum?
Tom ist Veganer. Er bereitet seinen eigenen Chia-Pudding zu, achtet beim Einkauf auf Regionalität und kennt die besten Seitan-Rezepte. Tierwohl und Umwelt liegen ihm ebenso am Herzen wie Gleichberechtigung.
All das sind Dinge, die Lisa an ihm attraktiv findet. Sie teilen die gleichen Werte. Bis Lisa eines Tages zufällig Zeuge davon wird, wie Tom mit seinen Freunden Burger essend frauenverachtende Witze reißt.
Okay, okay, das Beispiel ist klischeebeladen. Dennoch verdeutlicht es das Wokefishing. Denn Tom gehen Tierwohl und Gleichberechtigung am Allerwertesten vorbei. Er hat lediglich behauptet, was Lisa hören wollte, um bei ihr zu landen.
Das ist einer der Hauptgründe für die Lügenparade und das Verstellen. Betreiben Menschen Wokefishing, wollen sie andere manipulieren. Sei es, um möglichst schnell mit ihnen im Bett zu landen oder um eine Beziehung einzugehen. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht.
Wokefishing kann aber tatsächlich auch aus Versehen passieren. Zum Beispiel, weil jemand ein Konzept nicht vollständig verstanden hat oder von einer falschen Annahme ausgeht.
Was macht Wokefishing so verabscheuungswürdig?
Im Vergleich zum Pigging erscheint das Wokefishing harmlos. Doch bei genauerer Betrachtung ist es das nicht. Wir gehen Beziehungen mit Menschen ein, die unsere Werte teilen. Sind die gemeinsamen Werte nur vorgespielt, ist das Erwachen für das Opfer schockierend. Zugleich ist es ein emotionaler Missbrauch. Je länger die Scharade anhält, umso schwerer wird das Vertrauen verletzt und geschädigt. Für Opfer hat das oftmals verheerende Folgen im weiteren (Dating-)Leben. Von der verschwendeten Lebenszeit ganz zu schweigen.
Wokefishern sind die Auswirkungen egal. Manche ziehen einen Macht- und Lustgewinn daraus, ihre Partner hinters Licht zu führen. Sie kommen Chamäleons gleich, die ihre vermeintlichen Vorlieben und Einstellungen nahtlos ändern, um andere Menschen um den Finger zu wickeln. Andere sind unsicher oder wissen, dass sie mit ihren Ansichten keinen Partner finden. Statt nun aber an sich zu arbeiten, setzen sie eine Maske auf.
Wie schütze ich mich vor Wokefishing?
Geübte und begabte Wokefisher – oder auch Catfisher, wenn wir schon dabei sind – können die Lügen und die Schauspielerei über Jahre hinweg aufrechterhalten. Dementsprechend schwierig ist es, den Betrug zu enttarnen. Dennoch gibt es Möglichkeiten, das Risiko zu senken.
- Setz auf Slow Dating. Langsames Kennenlernen siebt zumindest die Menschen aus, die möglichst schnell in deinem Bett landen wollen.
- Bring kontroverse Themen auf. Plappert dein Dating-Partner lediglich die Meinungen anderer nach oder hat er sich eingehend und vielschichtig damit beschäftigt und eigene Ideen?
- Stelle Fragen, ohne Antworten zu liefern. „So ein Zufall, ich auch!“ lässt sich unfassbar einfach an alles anbinden, was du sagst. Ebenso einfach ist es, deine Meinungen umformuliert zu wiederholen. Wokefisher machen sich das zunutze. Bei neu aufgeworfenen Fragen funktioniert die Taktik nicht.
- Achte auf die Person in verschiedenen Kontexten. Ändert sie ihre Meinung abhängig vom Gesprächspartner? Das ist ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass das Vortäuschen von Gemeinsamkeiten eine Gewohnheit ist.
Zusätzlich kannst du nach den Hintergründen für die Werte fragen. Wokefisher liefern vorgefertigte Antworten oder kommen heftig ins Straucheln. Die Frage „Warum?“ bringt sie zumindest bei tiefergehenden und für sie neuen Fragen aus dem Konzept.
Autorin Jessika Mueller