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Und dann war alles anders: Wenn Paare an der Elternschaft zerbrechen
7 Tipps, um die Partnerschaft zu erhalten
Geplant oder glücklicher Unfall? Wenn aus Paaren Eltern werden, wird alles anders. Vollkommen unabhängig davon, wie es zu dem Nachwuchs kam. Nicht selten zerbrechen Beziehungen daran oder werden extrem belastet. Gemeinsam daran zu arbeiten und ein paar Grundregeln zu beachten, schafft Abhilfe. Die folgenden 7 Tipps für glückliche Beziehungen trotz Elternschaft helfen dabei.
Aufwand anerkennen
„So anstrengend hatte ich mir das nicht vorgestellt!“, ist wohl einer der am häufigsten ausgesprochenen Sätze frisch gebackener Eltern. Direkt gefolgt von „Du kannst dir ja nicht vorstellen, wie anstrengend das ist!“
Problematisch an dem letzten Satz: Nur die eigene Mühe wird anerkannt und ist scheinbar deutlich größer als die des Gesprächspartners. Aber auch wenn die neuen Aufgaben, Herausforderungen und Verpflichtungen der Elternschaft zur allabendlichen Erschöpfung führen, dürfen Arbeit und Aufwand anderer nicht abgewertet werden. Schon gar nicht in der Partnerschaft.
Der Partner kann gerade nicht bei den Kindern helfen, hat dafür aber Einkauf, Abwasch und Wäsche erledigt, Rechnungen bezahlt und den tropfenden Wasserhahn repariert? Dies anzuerkennen und offen danke zu sagen, anstatt Leistungen aufzurechnen, beugt Konflikten vor und bringt Entspannung mit sich. Es dient zugleich als gutes Vorbild für eine gesunde Beziehungskultur.
Wer sich dennoch unfair belastet fühlt, sollte das offen ansprechen und explizite Lösungen nennen. Welche Aufgaben übernommen werden können, muss klar sein, damit der Konflikt nicht wiederholt auftritt.
Regeln festlegen
Wer kümmert sich worum? Obwohl immer mehr Männer stärker in die Versorgung und Betreuung ihrer Kinder involviert sind, tritt eine Beschwerde immer wieder auf: Mütter kümmern sich um die Arbeit, Väter hauptsächlich um die Bespaßung.
Tatsächlich liegt das aber nicht an der Faulheit oder dem Unwillen der Männer.
Oftmals liegt es daran, dass Frauen ihnen nichts zutrauen und sich damit selbst unnötig belasten. Eine klare Aufgabenverteilung und gemeinsam beschlossene Regeln sind eine erleichternde Basis für alle Beteiligten. Kristallisiert sich mit der Zeit heraus, dass eine Regel nicht funktioniert? Fortlaufende Änderungen sind möglich. Sie sollten aber nicht direkt dann erfolgen, wenn am ersten Tag nicht alles perfekt läuft, und auch tägliche Änderungen führen festgelegte Regeln ad absurdum. Dafür muss auf beiden Seiten der Wille vorhanden sein, gemeinsam und fortlaufend an Konfliktquellen zu arbeiten.
Hilfe nutzen
Haushalt, Arbeit, Kinder – für die Partnerschaft bleibt häufig wenig Zeit und Kraft übrig. Das gilt zumindest dann, wenn ein Elternteil alles allein bewältigen will. Vor allem in der bedürfnisorientierten Erziehung besteht die Gefahr, das Kind gar nicht aus den Händen zu geben und darüber alles und alle anderen zu vergessen. Die eigenen Bedürfnisse und Grenzen eingeschlossen.
Oma, Opa, Onkel, Tante, Freunde und nicht zuletzt Babysitter für die Kinderbetreuung zu nutzen ist aber ebenso wenig verwerflich wie eine Haushaltshilfe einzustellen, auf einen Gassigänger für den Hund zurückzugreifen oder sich den Einkauf durch den Supermarkt liefern zu lassen. Die Erleichterungen kommen den eigenen Kräften und allen Beziehungen zugute. Auch den Beziehungen zwischen Eltern und Kindern.
Wer nicht ständig am Rande der Erschöpfung steht, hat bessere Laune, mehr Energie und eine höhere Frustrationstoleranz. Oder anders gesagt: die beste Basis für ein harmonisches Miteinander.
Dem Partner Freizeit gönnen
„Ich war den ganzen Tag mit den Kindern zu Hause und jetzt trifft er sich noch mit Freunden, während ich keine fünf Minuten für mich habe?!“
Dem Partner Freizeit zu gönnen, stößt oftmals auf Unverständnis und Ärger. Das gilt zumindest dann, wenn es nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Denn Auszeiten, Abwechslung, Abstand und Erholung sind für beide Elternteile wichtig. Mit den Kindern spazieren zu gehen, ein paar Stunden auf dem Spielplatz zu verbringen oder für ein Wochenende die Großeltern zu besuchen, bringt Zeit für den zurückgebliebenen Elternteil mit sich und ermöglicht es ihm, wirklich Kraft zu tanken und wieder Sehnsucht zu empfinden.
Freizeit allein zu verbieten oder mit schlechter Laune zu ahnden, führt hingegen zu Konflikten und dem Gefühl, eingesperrt zu sein. Quality Time mit der Familie kommt dabei nicht authentisch auf.
Zeit zu Zweit – die 777 Regel
Alle 7 Tage ein Date, alle 7 Wochen eine Übernachtung außerhalb, alle 7 Monate ein Urlaub zu zweit – die 777 Regel ist eine Orientierung für Langzeitpaare, die ihre Beziehung nicht aus den Augen verlieren wollen.
In der Realität wird aus dem anfänglichen Vorhaben schnell etwas, das vergessen wird und in der Versenkung verschwindet. Die einzige Message dabei: Unsere Beziehung ist nicht wichtig.
Die Basis für eine glückliche Beziehung sieht anders aus.
Auch wenn der Alltag mit kranken Kindern, dringenden Terminen, Überstunden und fehlender Lust dazwischenfunkt, ist die Pflege der Partnerschaft wichtig. Ein Frühstück, bevor die Kinder wach werden, Cocktails auf der Terrasse oder dem Balkon, wenn sie im Bett sind, Kuscheln auf der Couch oder Tanzen im Wohnzimmer – sich Zeit füreinander zu nehmen ist wichtig. Auch wenn es nur wenige Minuten sind.
Wir machen kinderfrei – Besinnung auf die Partnerschaft
Zwischen Familienbett, Playdates, Kindergeburtstagen und Elternabenden bleiben kinderfreie und kinderferne Themen oftmals auf der Strecke. Sinnlichkeit und Intimität sind meist nur nach Stundenplan oder mit reichlich Planung im Vorfeld möglich.
Aus eben diesem Grund ist es wichtig, längere, kinderfreie Zeiten einzuplanen. Das Wochenende im Hotel, ein kinderfreier Urlaub pro Jahr oder regelmäßig eine kinderfreie Nacht – die Partnerschaft zumindest gelegentlich großzuschreiben ist unerlässlich, wenn sie langfristig erhalten bleiben soll. Themen rund um den Nachwuchs sind während dieser Zeiten verboten. Dafür sollte Genuss in den Vordergrund rücken.
Offen und ehrlich kommunizieren
„Ich will meine Frau zurück“, sagt er und macht sich auf das Schlimmste gefasst. Denn ob ein Mann sagt, dass er wieder mehr Zeit mit der eigenen Partnerin verbringen möchte oder, dass er die sinnliche Zweisamkeit vermisst, viele Frauen begreifen es als Kritik. Dabei handelt es sich häufig um eine Sehnsucht, die schmeichelhaft ist. Und die Gehör verdient.
Wer es schafft, nicht in gegenseitige Vorwürfe zu verfallen und sich stattdessen gegenseitig ernst zu nehmen, wird Lösungen finden. Sei es die Stunde pro Tag, die einzig den Eltern vorbehalten ist. Der Abend pro Woche oder das Wochenende pro Monat, an dem zur Abwechslung aus Mama und Papa wieder Partnerin und Partner werden.
Bei älteren Kindern lässt sich das einfacher einrichten als bei Säuglingen und Kleinkindern. Allerdings überlebt es längst nicht jede Beziehung, wenn sie jahrelang brach liegt und die Bedürfnisse der Partner nie eine Rolle zu spielen scheinen.
Bonus-Tipp: Individuelle Lösungen finden
Alle Tipps dieser Welt helfen nicht, wenn sie nicht zum eigenen Leben passen. Oder keine Bereitschaft dazu besteht, an der Beziehung zu arbeiten.
Kreativ zu sein, sich von anderen inspirieren zu lassen und individuelle Lösungen zu finden, ist in jedem Fall die bessere Wahl. Ehrliche und offene Kommunikation spielt dabei eine ebenso große Rolle wie Kompromissbereitschaft.
Geht es beispielsweise um mehr kinderfreie Zeit zu zweit, aber Date Night, Ausflüge, Kurztrips und Urlaube sind aus einem Mangel an Babysittern nur schwer zu bewerkstelligen? Eine Stunde Paarzeit ist auch zu Hause möglich und kann zum fest eingerichteten Termin werden, an den sich Kinder und Eltern gleichermaßen halten.
Gehen oder bleiben?
Kinder stellen die Welt ihrer Eltern zumindest am Anfang auf den Kopf. Sie erfordern Aufmerksamkeit, Zeit und reichlich Energie. Sie sind auch der Grund dafür, dass sich ihre Eltern besser kennenlernen. Zwischen Windelwechseln und Schlafmangel wird die Partnerschaft auf eine harte Probe gestellt. Bisher unbekannte Wesenszüge treten hervor und neue Konfliktpotenziale ergeben sich.
Wenn Kinder in den Fokus rücken, sind der eine oder die andere in manchen Fällen regelrecht schockiert über Partner oder Partnerin. Kommt dazu noch die 180-Grad-Wende in der Beziehung, wird diese nicht selten infrage gestellt. Zweifel sind vollkommen normal. Halten diese jedoch an und lassen sich trotz aller Versuche nicht beseitigen, hängen täglich Konflikte in der Luft und werden die eigenen Bedürfnisse nicht mehr berücksichtigt, erscheint die Trennung der einzig logische Weg zu sein.
Gleichzeitig ist eine Trennung trotz Kindern regelrecht verpönt. Wer dennoch geht, erscheint als Rabenmutter oder Rabenvater. Doch den Schein der glücklichen Familie nach außen hin aufrecht zu erhalten, während es hinter der Fassade bröckelt und brodelt, ist für niemanden die beste Wahl. Im Gegenteil.
Kinder bemerken selbst bei guten Versuchen die Konflikte zu verstecken, dass etwas im Argen liegt. Sie fühlen sich dabei nicht nur unwohl, sondern bekommen auch eine verheerende Lektion mit auf den Weg. Täglich eine unglückliche Beziehung zu erleben, setzt die Weichen für ihr späteres, eigenes Beziehungsleben. Kälte zwischen den Eltern und fehlende Zuneigung wird zur Normalität, die den Nachwuchs formt und sie später oftmals in ihre eigenen, unglücklichen Beziehungen führt.
Zu gehen oder zu bleiben ist immer eine individuelle Entscheidung, die mit Bedacht getroffen werden muss. Zudem gibt es Zwischenwege, die unkonventionell erscheinen, aber wunderbar funktionieren können.
Getrennte Wege zu gehen und dennoch zusammenzuwohnen, beseitigt die Scharade, wenn von der einstigen Liebe zwischen Mutter und Vater nichts mehr übrig ist. Es bietet dennoch die Möglichkeit, die Elternschaft fair aufzuteilen und macht beide Elternteile für die Kinder greifbar – ohne ständigen Wechsel zwischen Wohnungen.
Bevor es jedoch so weit kommt, lohnt sich die Besinnung auf den Anfang und die Arbeit an der Beziehung. Einander Freiräume zu geben und den Fokus nicht ausschließlich auf die Kinder zu richten, kann so manche Partnerschaft retten. Oder gar nicht erst in Gefahr bringen und das gemeinsame Glück erhöhen.
Autorin Jessika Mueller