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Wenn dir jemand sein wahres Gesicht zeigt, glaub ihm beim ersten Mal
Selbstschutz in der Dating-Welt
Beim heutigen Titel handelt es sich um ein Zitat von Maya Angelou, das zeitlos relevant ist. Leider begreifen viele zu spät, wie weit seine Bedeutung reicht.
Einmal ist keinmal, eine zweite Chance verdient jeder…
… aber ab drei ist es ein Muster. Ich war lange Zeit ein Fan davon, über Fehler und kurzzeitige Aussetzer hinwegzusehen und hab höchst freiwillig Entschuldigungen und Ausreden für Menschen erfunden. Oder sie geglaubt. Eine zweite, dritte, vierte oder mpfzigste Chance geben? Klar doch!
Die Hoffnung auf Besserung stirbt schließlich zuletzt.
Das ausgerechnet der Glaube an das Gute im Menschen und meine Bereitwilligkeit, andere zu entschuldigen, mit einer Armada an verletzten Gefühlen, Enttäuschungen und einem Magneten für Ausnutzer einhergeht, wollte ich lange Zeit nicht wahrhaben. Heute weiß ich, dass Maya Angelou mit ihrer Aussage richtig lag. Auch wenn ich bis heute nicht damit zurechtkomme, keine zweite Chance zu geben.
Ein wenig abgewandelt hilft die Regel dennoch dabei, Leid zu ersparen.
Einmal ist keinmal
Stau, Katastrophe auf Arbeit, Freund in Not – selbst die pünktlichsten Menschen kommen hin und wieder zu spät.
Ebenso kann sogar dem geduldigsten Menschen mal der Geduldsfaden reißen und eine friedfertige Person laut werden.
Ein einmaliger Ausrutscher ist weder ein Grund zur Sorge noch eine mittlerweile allgegenwärtige Red Flag. Ausgeschlossen sind Extreme. Deine Verabredung schreit die Bedienung an, weil sie den Löffel vergessen hat? Such das Weite. Für ein derartig übertriebenes Verhalten gibt es keine gesunde Begründung.
Jeder verdient eine zweite Chance
Da jedem vieles einmal passieren kann, ist eine zweite Chance nur logisch. Schließlich möchte niemand nach seinem schlimmsten Ausrutscher ver- und beurteilt werden.
Nehmen wir das Beispiel des Zuspätkommens: Jeder kann einmal im Stau steckenbleiben oder einen dringenden Anruf erhalten, der wichtiger als das Date ist. Jeder kann einmal vergessen, Bescheid zu geben und die Verspätung anzumelden. Wegen einer derartigen Lappalie direkt auf ein zweites Treffen zu verzichten, wäre übertrieben. Auch der Ton gegenüber der Bedienung kann aus verschiedenen Gründen einmal zu schroff ausfallen.
Die erste Frage dabei ist, wie geht die Person im Nachhinein damit um? Fehlen Entschuldigung und Einsicht vollkommen? Dann ist bereits an dieser Stelle höchste Vorsicht geboten.
Die zweite Frage gilt der Wiederholung. Tritt das Verhalten in kürzester Zeit und trotz Entschuldigung wieder auf? Dann war es weder ein Ausrutscher noch aus Versehen. Die Entschuldigung war lediglich eine Performance und auch hier bietet es sich an, noch vorsichtiger zu sein oder direkt auf den Kontakt zu verzichten.
Ab drei ist es ein Muster
Beim ersten Mal war es der Stau, beim zweiten Mal ein Anruf, beim dritten Treffen war der zweite Schuh einfach nicht auffindbar? An dieser Stelle solltest du dich damit abfinden, dass die Person ein Zuspätkommer ist. Ob das aus bloßer Schusseligkeit passiert oder, weil deine Zeit für den Menschen nicht den gleichen Stellenwert hat, wie die eigene, ist zwar ein bedeutender Unterschied. Du wirst den Grund dafür jedoch nicht erfahren. Zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt.
Statt dich darüber zu wundern, musst du dir eine bedeutende Frage stellen:
Kann und will ich damit leben?
Am Anfang des Datings zeigen sich Menschen für gewöhnlich von der besten oder zumindest einer besseren Seite. Blitzt hier bereits der wahre Charakter durch: Sei froh! Denn hierdurch kannst du sofort entscheiden, ob du damit und mit den Steigerungsstufen leben willst und kannst. Leute mit geringer Selbstbeherrschung sparen dir somit eine Menge Zeit.
Im weiteren Verlauf des Kennenlernens oder einer Beziehung solltest du dir diese Frage immer wieder stellen: „Kann und will ich damit leben?“ Denn je länger die Partnerschaft andauert, desto stärker fällt die Maske ab. Während ständiges Zuspätkommen zwar ärgerlich aber hinnehmbar ist, sind fehlender Respekt, cholerische Anfälle oder die Überschreitung deiner Grenzen mehr als bedenklich.
Mach dir nichts vor und lass die Hoffnung sterben
Der Mensch ist auf den ersten Blick in Ordnung, wäre da nicht die Tendenz zur Gewalt. Oder das anhaltende Drängeln. Oder die Unpünktlichkeit. Oder die herablassende Art.
Was auch immer es ist, das dich stört, akzeptier es für jetzt und die Dauer der Beziehung. Oder nimm Abstand.
Unfassbar viele machen den Fehler, Hoffnung auf Besserung zu haben. Sie glauben, sie würden das Verhalten schon noch aberziehen oder zumindest abmildern.
Damit machen sie sich etwas vor und brocken sich selbst Probleme und Frustration ein. Sie verschwenden ihre Zeit und die des anderen.
Mach es besser. Sei ehrlich zu dir selbst und red dir nicht ein, du würdest den Menschen vor dir noch umerziehen. Wenn er dir sein wahres Gesicht zeigt, glaub ihm beim ersten oder spätestens beim dritten Mal.
Autorin Jessika Mueller